(Orphan Drug) Verordnung(en)
Die Orphan Drug-Verordnung ((EG) Nr. 141/2000) wurde im Jahr 2000 in der Europäischen Union (EU) verabschiedet, um die Entwicklung von Arzneimitteln für seltene Erkrankungen zu fördern. Sie enthält Anreize für Hersteller von Orphan Drugs, wie bspw. die Unterstützung im Zulassungsprozess und insbesondere eine zehnjährige Marktexklusivität bei erfolgreicher Zulassung.1 Aktuell durchläuft die Verordnung einen von der Europäischen Kommission angestoßenen Neubewertungs- und Revisionsprozess.2 In den USA wurde eine ähnliche Regelung bereits im Jahr 1983 eingeführt.
Anreizsysteme sind für Forschung und Entwicklung von Orphan Drugs elementar. Ähnlich wie bei Kinderarzneimitteln stellen solche Anreize eine Unterstützung dar, in Orphan Drugs zu investieren und somit die Anzahl effektiver Therapien für seltene Erkrankungen zu erhöhen.3 Da es sich nur um geringe Patientenzahlen handelt und Forschung und Entwicklung dieser Arzneimittel sehr aufwändig und kostspielig sind, braucht es diese Mechanismen, um die Entwicklung von Orphan Drugs sicherzustellen. Meist ist wenig über die Grundlagen der Erkrankung und der Krankheitsprozesse im Körper bekannt, sodass im großen Stil in Grundlagenforschung investiert werden muss. Bei der klinischen Erprobung von Arzneimitteln können nur wenige Patientinnen und Patienten in Studien eingeschlossen werden. Diese hohen Kosten in Forschung und Entwicklung standen lange Zeit einem geringen Umsatzpotential gegenüber. Durch die begünstigten Rahmenbedingungen für Orphan Drugs hat sich die Situation mittlerweile verändert.4
Seit die europäische Verordnung in Kraft trat, ist die Zahl der Therapiemöglichkeiten für Menschen mit seltenen Erkrankungen deutlich angestiegen: Während vor dem Jahr 2000 kaum Orphan Drugs zugelassen wurden, erhöhte sich dies in den Folgejahren stetig und es wurde jährlich eine zweistellige Zahl an Orphan Drugs zugelassen. Derzeit sind 134 Arzneimittel für Menschen mit seltenen Erkrankungen verfügbar. Hinzu kommen weitere 66 Arzneimittel, deren Orphan Drug-Status verordnungsgemäß nach 10 Jahren bereits abgelaufen ist, die den Patientinnen und Patienten aber immer noch zur Therapie ihrer seltenen Erkrankung zur Verfügung stehen (Stand: 18. Februar 2021).5
1 European Medicine Agency (o.D.): Orphan designation: Overview. Abgerufen am 16.01.2020, via
https://www.ema.europa.eu/en/human-regulatory/overview/orphan-designation-overview
2 European Commission (2021). Medicines for children & rare diseases – updated rules. Abgerufen am 10.02.2021, via
https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/12767-Medicines-for-children-rare-diseases-updated-rules
3 Deutscher Ethikrat (23. November 2018): Herausforderungen im Umgang mit seltenen Erkrankungen. Abgerufen am 28.01.2021 via
https://www.ethikrat.org/publikationen/publikationsdetail/?tx_wwt3shop_detail%5Bproduct%5D=116&tx_wwt3=&cHash=b3e78fc99b523a5226a74aca8f971b95
4 Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (2019): Forschung für die Waisen des Gesundheitssystems. Medikamente für Menschen mit seltenen Erkrankungen. Abgerufen am 10.02.2021, via
https://www.vfa.de/download/forschung-fuer-die-waisen-des-gesundheitssystems.pdf
5 Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (2021): Zugelassene Orphan Drugs. Abgerufen am 07.03.2022, via
https://www.vfa.de/de/arzneimittel-forschung/datenbanken-zu-arzneimitteln/orphan-drugs-list